EM-Countdown soll Begeisterung entfachen

Der Blick in seinen übervollen Terminkalender verrät Philipp Lahm, was die Stunde geschlagen hat. Am Montag ein Auftritt mit dem Verkehrsminister, am Mittwoch der Countdown-Start beim Bundeskanzler - ein Jahr vor dem Anpfiff der Fußball-EM 2024 in Deutschland beginnt für den Turnierdirektor die heiße Phase der Vorbereitung. Trotz des fehlenden Rückenwinds durch die darbende Nationalmannschaft muss Lahm ab sofort die noch fehlende Begeisterung für das anvisierte "Sommermärchen 2.0" entfachen.
"Es soll ein großes Fest für alle sein", sagte der Weltmeister von 2014 beim Blick voraus auf die Endrunde (14. Juni bis 14. Juli) unter dem Motto "United by Football - Vereint im Herzen Europas": "Wir wollen uns als offenes und als vielfältiges Land präsentieren. Wir haben die große Chance zu zeigen, was unsere Werte sind."
Genau diese Werte bekommt Lahm vermittelt, wenn er am Sitz der EURO 2024 GmbH in Frankfurt/Main nach dem Rechten sieht. Bis er an seinem Büro in den früheren Räumlichkeiten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ankommt, ist aus den Räumen seiner "Untergebenen" eine Vielzahl von Sprachen an seine Ohren gedrungen. Die Beschäftigten bei den EM-Planern, am Ende werden es 650 sein, rekrutieren sich aus aller Herren Ländern.
Insgesamt werden 2,7 Millionen Tickets für die EM 2024 verkauft
Die erhofft perfekte Organisation durch die als Joint Venture mit dem DFB gestaltete GmbH lässt sich die Europäische Fußball-Union (UEFA) einiges kosten. Der Etat für die zweite EM-Endrunde in Deutschland nach 1988 liegt bei 660 Millionen Euro - was am Ende zu einem Gewinn von einer knappen Milliarde führen soll. Durch den bereits weitgehend erledigten Verkauf der Medienrechte in alle Winkel der Erde steht dahinter kaum noch ein Fragezeichen.
Die Geschäftsführer Andreas Schär und Markus Stenger müssen dennoch den Überblick über die Zahlen behalten. 2,7 Millionen Tickets für die 51 EM-Partien in den zehn Stadien wird es gehen - 85 Prozent davon im freien Verkauf, der am 3. Oktober starten wird. Die billigsten Eintrittskarten für die Gruppenspiele sollen um die 30 Euro kosten. Für die VIP's stehen 122.000 Sitze zur Verfügung, der Rest geht für Gewinnspiele und ähnliches an die Sponsoren - deren Rekrutierung in unruhigen Zeiten allerdings schwieriger läuft als erhofft.
Die Tickets wird es ausschließlich in personalisierter und elektronischer Form geben. Die Organisatoren rechnen mit durchgehend ausverkauften Arenen, leere Plätze begründen sie bereits jetzt mit der erwarteten "No-Show-Rate" von vier bis sieben Prozent. Für die Anhänger gibt es in der Vorrunde jeweils 10.000 Eintrittskarten pro Land. Stehplätze wird es allerdings aus logistischen und sicherheitspolitischen Gründen wohl nicht geben.
DFB-Präsident Neuendorf wirbt für Zusammenarbeit
Sicherheit steht neben Nachhaltigkeit bei den Planungen an oberster Stelle. Hooligans werden kaum erwartet, die Problemfans sollen schon an der Ausreise aus ihren jeweiligen Ländern gehindert werden. Für die Anhänger, die es nach Deutschland schaffen, wird das Reisen wohl zum größten Problem. Die Organisatoren rechnen damit, dass die Verkehrssystems am Anschlag sein werden.
Gerechnet wird auch mit "Störungen", beispielsweise durch Klimaaktivisten. Schon die Gruppenauslosung am 2. Dezember könnte ein mögliches Ziel für politische Statements sein. Dennoch sollen unter anderem die 16.000 freiwilligen Helfer für einen nahezu reibungslosen Ablauf sorgen - vom Eröffnungsspiel in München mit der deutschen Mannschaft bis zum Finale in Berlin.
Gerade mit Blick auf Berlin sieht der DFB allerdings noch Probleme. "Die Bundesregierung, aber auch die Länder verkennen ein Stück weit die Chance, die mit dem Turnier einhergeht", sagte Präsident Bernd Neuendorf dem "SID": "Eine bessere Gelegenheit für unser Land und seine Vorzüge zu werben, gibt es kaum." Die eingeplanten 13,2 Millionen Euro an Unterstützung bezeichnete Neuendorf als "vorsichtig formuliert - überschaubar".